Auszüge Schulchronik Frankenbach

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Auch in diesem Jahre  wurde die Sammlung von Heilkräutern in verstärktem Maße fortgesetzt. Unsere Schule sammelte 234 kg Blatt- und Krautdrogen und 32 kg  Blütendrogen.

Am 6.12. 1944 abends fand ein Terrorangriff auf die Stadt Gießen statt.  Die Leuchtschirme warfen ihre Strahlen bis in unser Dorf und erhellten es. Im Zeitraum einer halben Stunde lag der größte Teil der Stadt in Schutt und Asche.

Die meisten Einwohner wurden obdachlos und mussten auf den Dörfern untergebracht werden. Bereits am nächsten Tag traf auch hier eine Anzahl Giessener ein. Für eine Nacht waren die  beiden Schulsäle mit Bewohnern einer Giessener Siedlung belegt, deren  Anwesenheit jedoch in unangenehmer Erinnerung steht.

Mit Beginn des Jahres 1945 wurde die Gefahr durch Fliegerangriffe  immer größer, sodaß  ein geregelter Unterricht nicht mehr möglich war. Der Unterricht wurde durchgehalten bis Ende März, als der militärische Zusammenbruch Deutschlands kam.

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Am 27.3.45 fand ein F l i e g e r a n g r i f f  auf deutsche Truppen statt, wobei  eine Anzahl Gebäude  zerstört oder beschädigt und 6 Personen getötet wurden, darunter die Schülerin Gertrud Runzheimer.

Mit dem Einmarsch der Amerikaner wurde die Schule für einige Jahre mit amerikanischen Truppen belegt. Während der Sommermonate 1945 blieben die Schulen auf Anordnung der Militärregierung geschlossen; die Wiedereröffnung fand am 1. Okt. 1945 statt. Solange die Schulen geschlossen waren, wurden die Lehrpersonen, soweit sie nicht mehr in Gefangenschaft waren, anderweitig beschäftigt. Erschwert wurde der Unterricht durch den Mangel an Lernbüchern, Tafeln und Schreibmaterial, wie überhaupt eine allgemeine Warenknappheit ein Zeichen der Zeit ist.

Aus der Tschecho-Slowakei und Ungarn mussten Millionen Deutsche auswandern, die in der amerikanischen Zone angesiedelt wurden. Am 4.5 1945 trafen auch hier ca. 18o solcher Flüchtlinge, auch Neubürger genannt, ein, die von den Bewohnern aufgenommen wurden. Damit  vermehrte sich die Schülerzahl um ungefähr 25 Kinder. Die hier wohnenden Neubürger stammen aus Mährisch-Schönberg und Deutsch-Liebau.

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Der Unterricht wurde hier versehen durch Frau Kempf, der Frau eines aus Wuppertal evakuierten Rektors, der im Pfarrhaus zu Krumbach eine Wohnung gefunden hat und  dem Inhaber der 1. Stelle. Da die Schülerzahl bis 15o angestiegen war, wurde zum 15. Mai 1946 eine dritte Stelle errichtet, die durch den Lehrer Johannes Funk aus Danzig besetzt wurde. Die Schule ist eine dreiklassige.

Da nur zwei Schulsäle zur Verfügung stehen, dehnt sich der Unterricht  bis nachmittags 17 Uhr aus. Der Nadelarbeitsunterricht wurde im Oktober 1947 der Neubürgerin Frl. Kunschner übertragen und in wöchentlich 4 Sunden erteilt. Den katholischen Religionsunterricht für die Flüchtlingskinder übernahmen zunächst Herr Pfarrer Rösch aus Erda und später die ..Lehrkraft  Tschöp aus Kirchvers.

Im Februar 1948 wurde auch für die Landschulen des Kreises die Schulspeisung eingeführt, um die immer noch knappen Lebensmittelrationen der Kinder zu ergänzen.

Das Dänische Rote Kreuz führte im Verein mit deutschen Ärzten eine Tuberkulose-Schutzimpfung der Jugendlichen durch, gegen die sich allerdings die hiesige Bevölkerung ziemlich ablehnend verhielt. Da die Impfung freiwillig war, wurden nur wenige Kinder geimpft.

Am 1. Dez. 1948 wurde der Tag der Verfassung durch eine Feier begangen.

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Am 1.9. 1949 wurde Herr Wirth nach Wiesbaden-Sonnenberg, seine Heimat, versetzt. Am seine Stelle trat der Flüchtlingslehrer Rudolf Müller, wohnhaft in Fellingshausen.

Unter den hiesigen Neubürgern macht sich  ein Abwanderungsbestreben bemerkbar, das auch begründet ist. Verdienstmöglichkeit ist hier nicht vorhanden. Die Leute sind gezwungen, nach Wetzlar oder Gießen zu fahren, wodurch erhebliche Unkosten verursacht werden. Nur der Umstand, dass z. Zt. in den Städten großer Wohnungsmangel besteht, nötigt viele, vorläufig zu bleiben. Sobald die Schwierigkeiten beseitigt werden, wenn auch nur langsam, dürfte auch mit Abzug von Flüchtlingskindern und damit mit dem Sinken der Schülerzahl zu rechnen sein.

1o.12. 1949 – noch Seite 113

Mit Beginn des Winterhalbjahres standen wieder genügend technische Lehrerinnen zur Erteilung des Nadelarbeitsunterrichtes zur Verfügung. Den Unterricht übernahm im Bezirk Rodheim – und somit auch hier- Frl. Trautmann.

In der Mädchenberufsschule wurde die Arbeit wieder aufgenommen  für die Gemeinden Frankenbach und Krumbach auf dem hiesigen Rathaussaal – eine Notlösung, durch die Raumnot geboren, doch müsste baldigst dafür gesorgt werden, dass die Klasse wieder ihren eigenen Raum bekäme.

Im Herbst 1946 fanden keine Neuaufnahmen von Schülern statt, da der Beginn des Schuljahres auf Ostern verlegt wurde. Wird der Entlassungstermin auch auf Ostern verlegt, muß die Schulpflicht  auf  8 ½ Jahre verlängert werden.

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Lehrer Gustav Schicke(Wohnort Fellingshausen)

Mit Verfügung des Reg. Präs. in Wiesbaden vom 6.1o.1951 wurde ich mit Wirkung vom 1. 1o.1951 von der Volksschule  Volpertshausen nach Frankenbach versetzt. Da aber das Dekret sehr lange unterwegs war, habe ich meinen wirklichen Dienst erst am 24.1o.1951 in Frankenbach angetreten. Ich wohne in Fellingshausen und fahre täglich mit Rad oder Omnibus  zu meiner Dienststelle. Da ich Heimatvertriebener bin, drängte es mich, diesem Buche etwas mehr anzuvertrauen als sonst üblich war, über neue Lehrer zu schreiben. Die Welt ist durch den Fortschritt der Technik kleiner geworden und die Schicksale der Menschen werden  heute bunter durcheinander geworfen, als in einer einstmals geruhsamen Zeit. Deshalb will ich den Frankenbachern mein Lebensschicksal und meinen weiten Wanderweg aufzeichnen. Vielleicht manchem zur Lehre und zum Nachdenken:

Ich, Gustav Schicke, wurde am 24.1.19o2 in Kleinkandern, Kreis  Aussig a./Elbe im ehemaligen Österreich-Ungarn geboren. Schon 14 Tage später trug man meine Mutter auf den Friedhof.  Sie entstammte einem alten Bauerngeschlechte

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meiner Heimat. Mein Vater war Lehrer.

Und obwohl mein Eintritt in die Welt durch den Tod meiner Mutter verdüstert war,  so hat mir meine Großmutter die Mutter ersetzt und mir mit ihrer Liebe eine sonnige Kindheit gegeben.

Erst durch die zweite Ehe meines Vaters kam ich wieder zu ihm zurück.

In Boreslau, Kreis Teplitz trat ich in die Schule ein. 1913 kam ich an die Mittelschule nach Aussig und 1916 an die Lehrerbildungsanstalt in Leitmeritz.  Nach vierjährigem Studium legte ich am 3.7.192o die 1. Lehrerprüfung ab und konnte schon am 12.7. meine erste Anstellung im Knabenerziehungsheim Spiegelsberg bei Aussig antreten. Nach 2jähriger Dienstzeit legte ich sodann am 27.11.1922 die 2. Lehrerprüfung ab und lernte nachher auch die Not des stellungslosen Junglehrers kennen. Nach kurzen Anstellungen in Kleinangesd  und Ullersdorf i. Erzgebirge im Kreise Teplitz-Schönau musste ich das erste Mal 15o km westwärts wandern und kam in den Kreis Falkenau im Egerland. Auch diese, meine erste Wanderung nach Westen war politisch bedingt. Als am Ende des 1. Weltkrieges Österreich

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-Ungarn zerfiel, wurde meine Heimat dem tschecho-slowakischen Staate eingegliedert.  Den Tschechisierungsbestrebungen des neugegründeten  Staates fielen nach 1918 immer mehr deutsche Klassen und Schulen zum Opfer, sodaß es uns jungen Lehrern nicht  mehr möglich war, in unserer nordböhmischen Heimat eine Anstellung zu erlangen. Viele von uns wanderten damals in die westböhmischen Kreise ab, die zu dieser Zeit noch zu 98% deutsch waren. Tschechen gab es dort nur als Staatsbeamte, Eisenbahner, Postler.

Hier im deutschen Egerlande fand ich meine 1. Anstellung in Grün bei Falken a/Eger am 1.3. 1924 und habe von nun an bis zu meinem Einzuge zur Wehrmacht 1943 ununterbrochen Schuldienst getan.

Im Kreise Falkenau a./Eger  an den Orten Grün, Littengrün, Unterneugrün, Wöhr, Zwodau und Ebersfeld. Im Kreise Elbogen in Roßmeißl. Im Kreise Komotau in Wisset.

Am 9.7. 1927 habe ich geheiratet und meiner Ehe mit Maria Lössl entstammen vier Kinder.

Im 2. Weltkrieg wurde ich am 19.4.1943 zur Sanitäts-Ersatz-Abteilung 13 nach Bad Kissingen eingezogen.  Nach erfolgter Aus-

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Bildung wurde ich am 1o.12.1943  in Griechenland eingesetzt und zwar in Athen, Korynth, Patras und Tripolis auf dem Peleponnes. Nach 3maliger Erkrankung an der Ruhr wurde ich im Sept. 1944 mit Lazarettzug nach Belgrad und später Wien geschafft. Da ich nicht mehr kriegsverwendungsfähig war,  rückte ich nach meiner Genesung wieder zu meinem Ersatztruppenteil ein und wurde nun im  Kanzleidienst verwendet. Im Februar 1945 wurden wir nach Würzburg verlegt und nach der Zerstörung unserer Kasernen am 31.3.1945 ging das große, abenteuerliche Wandern quer durch Bayern an, das mit meiner amerikanischen Kriegsgefangenschaft  endete. In der Heimat erwartete mich aber das noch schwerere Los der Internierung durch die Tschechen und ich musste 1 Jahr lang, vom 17.8.45 bis 12.8.45  im Internierungslager Falkenau verbringen. Während dieser Zeit  wurde meine Familie ausgesiedelt, d.h. durch das Schandabkommen von Potsdam von den Tschechen aus Heimat, Haus und Hof vertrieben und ich konnte ihr erst nach meiner Freilassung am 26.8.46 folgen. Meine  Aussiedlung erfolgte

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nach Bad Schwalbach im Untertaunuskreis, sodaß ich, wieder auf Umwegen, meine Familie am 3.9. 1946 in Fellingshausen wiederfand. Hier wohnen wir nun als Neubürger schon 7 Jahre und haben eine neue Heimat gefunden. Als ehemaliges  Parteimitglied wurde ich in meinem Beruf nicht sofort verwendet und musste meiner Familie Lebensunterhalt als Hilfsarbeiter verdienen.

Als Erdarbeiter bei Kanalisationsarbeiten in Fellingshausen, als landwirtschaftlicher Arbeiter in Gießen und zuletzt als  Oberbauarbeiter der Biebertalbahn.

Mein Körper war diesen Anstrengungen auf die Dauer nicht gewachsen und ich wurde schwer krank.  In dieser schweren Not und Sorge meines Lebens wurde mir in Volpertshausen, Kreis Wetzlar wieder eine Lehrstelle übertragen. Obwohl noch nicht ganz genesen, habe ich mit Freude meinen mir so lieben Beruf wieder ergriffen und bin in den  ersten Wochen vor Schmerzen krumm und hinkend vor der Klasse gestanden.  Doch ich hatte es wieder geschafft. Da ich in Volpertshausen keine Wohnung erhalten konnte und meine Familie deshalb in Fellingshausen bleiben musste, erstrebte ich eine Versetzung

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in die Nähe von Fellingshausen. Sie wurde mir dann auch gewährt, und so kam ich also am 24.1o.51 nach Frankenbach.

Dies also mein langer Wanderweg, von dem ich nur hoffen möchte, dass er nicht mehr allzu weit führen möge.

Frankenbach, 15.1.1951  gez. Gustav Schicke

Weiter Lehrer Jung- Seite 119

Am 1.4.53 war ich 4o Jahre an der hiesigen Schule tätig. Vor mir hat wohl keine Lehrkraft so lange hier ausgehalten, was wohl auf die ungünstigen  Verkehrsverhältnisse  zurückzuführen war, die sich inzwischen erheblich gebessert haben. Ich muß sagen, dass die Gemeinde meine Arbeit in den 4o Jahren anerkannt und gewürdigt hat. Das geschah in einer Feierstunde, an der sich die politische Gemeinde, die Kirche, die Freie Ev. Gemeinde, der Elternbeirat, die Heimatvertriebenen beteiligten. Die Gemeinde überreichte mir als Anerkennung einen wertvollen Sessel. Am meisten freute mich bei der Feier die Einmütigkeit, mit der sich alle beteiligten.

Am 1.4. 1954 war nun für mich der Zeitpunkt gekommen, dass ich in den Ruhestand treten musste. Die Gemeinde  versuchte, mich noch eine Zeit über mein 65. Lebensjahr im Dienst zu halten, was aber von der Regierung

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In Wiesbaden abgelehnt wurde. Meine Versetzung in den Ruhestand wurde in einer Feierstunde in der gleichen Weise gewürdigt wie mein 4ojähriges Jubiläum ein Jahr vorher. Als Andenken überreichte mir die Gemeinde ein Bild der Schule, in der ich 41 Jahre tätig war. Es kostete schon Überwindung, sich von einer solchen Stätte loszureißen, mit der man so lange verbunden war.

Am 1.4.54 wurde die Hauptlehrerstelle wieder in eine erste Lehrerstelle umgewandelt, da die zurückgegangene Zahl der Schüler das Weiterbestehen der Hauptlehrerstelle nicht mehr rechtfertigte. Da  eine  Lehrerstelle einging, wurde Herr Funk an die Volksschule in  Krofdorf versetzt.

Ich selbst werde nach Fellingshausen übersiedeln und hoffe,  von dort mit der Gemeinde in Verbindung zu bleiben.                   

Möge die Arbeit der Lehrer hier in Frankenbach von Erfolg gekrönt sein, damit aus der Schule recht viele Menschen, Christen und Bürger im Sinne Pestalozzis hervorgehen.

                                                        Gez. Jung

Lehrer Adolf Löw:

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Am 26.4.1954  trat ich, Adolf Löw, laut Versetzungsdekret der Regierung zu Wiesbaden die Schulleiterstelle in Frankenbach an. Ich übernahm damit das Erbe eines Pädagogen, der 41 Jahre lang der Schule als Leiter vorgestanden  hatte und das Gesicht dieser Schule prägte.

Ich weiß, dass es bei der Mentalität der ländlichen Bevölkerung nicht leicht sein wird, das Misstrauen, das man naturgemäß  jedem Neuling entgegenbringt, zu beseitigen. Ich habe jedoch auch das Vertrauen auf eine gewisse Anpassungsfähigkeit, die ihre Ursache in meiner eigenen dörflichen Herkunft haben mag und dass der allgemein gesunde Menschenverstand der Landbevölkerung und ihre Teilnahme am Schulleben mir das Einfühlen und Hineinfinden in den neuen Wirkungskreis erleichtern werden.

Bevor ich dieser Chronik Ereignisse und Veränderungen in der Schule anvertraue, möchte ich einen kurzen Entwicklungsgang meiner selbst geben.

Am 15. September 1915 wurde ich als Sohn des Landwirts und Kaufmanns Adolf Löw III. und dessen Ehefrau Luise, geb. Reinhardt, in Dietenhausen/Taunus  geboren. Die Kindheit verbrachte ich im Elternhause. Im Heimatdörfchen besuchte ich auch 8 Jahre lang die einklassige Volksschule und im Winter des folgenden Jahres die ländliche Fortbildungsschule. Nach einjähriger Unterbrechung  meiner Schulzeit war ich dann 6 Jahre  Schüler an der Christian-Wirth-Schule, einer staatlichen Oberschule in Aufbauform in Usingen.

Hier bestand ich im Frühjahr 1936 die Reifeprüfung und erwarb die Hochschulreife.

Von April bis Oktober  desselben Jahres genügte ich meiner Arbeitsdienstpflicht auf der Loreley, wo wir einen  beachtlichen  Beitrag zur Errichtung einer Freilichtbühne leisteten.

Nach 4 Semestern Hochschulzeit in Weilburg/Lahn legte ich dort im September 1938 die erste Lehrerprüfung ab. Wenige Wochen danach trug ich bereits den grünen Rock. Obwohl ich schon einige Jahre dienstpflichtig war, wurde ich erst im November 1938 Soldat.  Ich war wegen meines Studiums  zurückgestellt.

Auf meine Meldung wurde ich Rechner und Kanonier bei der 1. Batterie des Artl. Reg. 7o in Niederlahnstein. Mit dieser Einheit kam ich bei Kriegsausbruch

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im Jahre 1939 zum Einsatz im Westen, nahm schließlich als Beobachtungsorgan  der Batterie am Frankreichfeldzug teil und wechselte dann, nachdem meine Einheit im Küstenschutz eingesetzt war, zu verschiedenen Artillerieeinheiten  nach dem Osten. Mit der 11./A.R. 29o machte ich den Vormarsch durch Litauen, Lettland bis zum Ilmensee mit. Die bitterste Zeit wurde der Winter 1941/42, der uns im Sumpfgebiet am Südrande der Waldaihöhen völlig unvorbereitet überraschte.  Hinzu kam, dass dort  im Einschließungsring von Demjansk  6 Divisionen mehr oder weniger aufgerieben wurden.

Die Härte dieser Kämpfe war bis dahin ohnegleichen, die Heimat erfuhr wenig davon. Die Ernährung und Bekleidung war katastrophal. ¾ unseres Pferdebestandes wurde aufgegessen.

Hier erlitt ich die zweite Verwundung, entrann jedoch durch … bluten dieser  Hölle.

Das Jahr 1943 sah mich etwas westlich im Raume  Staraja Russa. Schließlich sollte ich auch noch die südlichen Gestade  des Ladogasees kennenlernen. Die Leningrad – und Wolgafront war auch nicht von Pappe.  Da wurde ich zur Kriegsschule Mourmalon in Frankreich berufen.

Nach der Beförderung zum Reserveoffizier  kehrte ich in meine zweite Heimat, den Ilmenseeraum, zurück.  In den nun folgenden harten Abwehrschlachten  wurde ich am  Vorabend meines Geburtstages 1944  so verwundet, dass ich das Ende des Krieges  im Heimatlazarett erleben sollte. Dies bewahrte mich jedoch  keineswegs vor der amerikanischen Gefangenschaft. Drei Rußlandwinter, drei Verwundungen und Gefangenschaft blieben nicht in den Kleidern hängen.

Eine während des Krieges zugewiesene Planstelle  in Lengelscheid, Kreis Lüdenscheid in Westfalen, konnte ich wegen meiner Teilnahme am Kriege nicht  antreten. Erst am 15.1. 1948 konnte ich den Schuldienst als Schulleiter  an der zweiklassigen Schule in Gemünden/Ts. Aufnehmen. Dort legte ich am 12.4.1951 meine zweite Lehrerprüfung ab, Im Zuge großer Umbesetzungen im Kreise Usingen  ereilte auch mich das Schicksal. Ich wurde in den benachbarten Luftkurort Rod/Weil versetzt.

Da jedoch die Elternschaft in Gemünden  einen achttägigen Streik inszenierte,  um meine Rückversetzung zu erzwingen und auch in Rod/Weil keine Wohnung zu erhalten war, wurde ich erneut versetzt. In Marjoß/Kr. Schlüchtern) übernahm ich die 2. Lehrerstelle und unterrichtete in der Hauptsache im 3. u. 4. Schuljahr,

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außerdem aber auch noch im 5.-8. Schuljahr. Durch den enormen Rückgang der Kinderzahl wurde die Schule am 1.4.1954 zweiklassig. Ich meldete mich in den Kreis Wetzlar und erhielt die Schulleiterstelle in Frankenbach.

Weihnachten 1941 schloß ich anlässlich  eines Fronturlaubes mit Frieda Herr aus Mönstadt (Krs. Usingen) die Ehe. Unserer glücklichen Ehe entsprossen 2 Kinder, ein Knabe und ein Mädchen.  Eine schwere Strumaoperation meiner Frau und die Weiterbildung unserer Kinder bewogen  uns 1954, einen Ortswechsel vorzunehmen.

Die Familie meines pensionierten Kollegen Jung blieb noch 1 Jahr in der Schulleiterwohnung, da ihr Neubau in Fellingshausen nur langsam voran ging. Da die 2. Lehrerdienstwohnung  frei geworden war, wurde sie von  mir besetzt.

An der seit Ostern 1954 zweiklassigen Schule unterrichteten:

Klasse I: 1.-4.  Schuljahr: Lehrer Gustav Schicke

Klasse II: 5.-8. Schuljahr: Lehrer Adolf Löw

Der Handarbeitsunterricht wird nach wie vor von Frl. Trautmann aus Rodheim erteilt.

Evangelische Unterweisung  gibt neben dem Schulleiter  Pfarrer  Kehr  aus Krumbach (2 Wochenstunden), der katholische Religionsunterricht wird von dem Katecheten Tschöp aus Krumbach erteilt.

Katholischer Religionsunterricht und Handarbeitsunterricht müssen wegen Raummangel an Nachmittagen gegeben werden.

Lehrerin Susanne Schultchen

Am 18. April 1963 trat ich, Susanne Schultchen, laut Versetzungsdekret der Regierung in Wiesbaden die zweite Lehrerstelle in Frankenbach an.

Ich wurde am 28.2 1927 als drittes Kind des Bildhauers Hans Walther in Erfurt geboren. Dort besuchte ich die Oberschule und beendete diese in 1947 mit dem Abitur. Am 1.9.195o trat ich nach einer einjährigen Ausbildung  an der Pädagogischen Fachschule in Erfurt in den Schuldienst und legte am 13.7.1961 die Staatliche Abschlussprüfung ab.

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1951 heiratete ich. Aus dieser Ehe entsprangen 4 Kinder.

Am 28. März verließ ich die Ostzone.

Vom 8. November 1959 bis März 196o besuchte ich das Pädagogische Institut in Weilburg und legte dort die 1. Lehrerprüfung ab.

Mein  1. Dienstort im Hessischen Schuldienst war Frohnhausen/Dillkreis. Dort unterrichtete ich vom 25. März 196o bis 31. März 1963 als apl. Lehrerin.

                                                       Gez. Susanne Schultchen

Schülerzahlen 1954/55

1.         2.         3.         4.         5.         6.         7.         8.         Schuljahr

5          4          6          3          9          8          6          7          Knaben 48

4          6          5          7          8          7          7          6          Mädchen 5o

9          1o        11        1o        17        15        13        13        insgesamt 98

Ostern 1955 kamen zur Entlassung:  6.         7.         8.

Knaben                                               3          3          7          gesamt 13

Mädchen                                            1          7          2          gesamt 10

Insges:                                                4          10        9          gesamt 23

1956/57:

1.         2.         3.         4.         5.         6.         7.         8.

1o        5          6          3          5          4          6          3          Knaben 42

5          6          5          4          5          6          9          4          Mädchen 44

15        11        11        7          1o        1o        15        7          insgesamt 86

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Lehrer Werner Zimmermann:

Als Sohn des Diplom-Landwirts Dr. Karl Zimmermann und seiner Ehefrau Lieselott, geb. Unruh wurde ich, Werner Zimmermann, am 26. Oktober 1935 zu Warkstorf, Kreis Wismar, Mecklenburg , geboren.

Meine Kindheit verlebte ich mit meinen sechs älteren Geschwistern auf unserem 13oo Morgen großen Familiengut Warkstorf. Im Herbst 1942 kam ich auf die Grundschule, 1944 wurde der Schulunterricht unterbrochen, da unsere Schule Flüchtlingslager wurde.

Nach unserer Vertreibung aufgrund der sog. Bodenreform im Oktober 1945 besuchte ich ab November die Grundschule in Horn , Kreis Simmern (Hunsrück), wo ich vorübergehend von Verwandten aufgenommen wurde.

Im Sommer 1947 besuchte ich dann in Weilburg , dem neuen Wohnsitz meiner Eltern, die Volksschule, um Ostern 1948 in die Sexta  des Gymnasium Philippinum aufgenommen zu werden. Eine Hilusdrüsenerkrankung verursachte leider im Schuljahr 1948/49 eine längere Unterbrechung des Schulbesuchs, was die Wiederholung der Sexta zur Folge hatte.

Mit dem Wunsch, Landwirt zu

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werden, verließ ich das Gymnasium Ostern 1955  mit Obersekundareife. Meine beiden Lehrjahre leistete ich auf dem Haniel´schen Gut Bruchhausen bei Düsseldorf ab, wobei ich auch die Landwirtschaftsschule in Ratingen bis zur Abschlussprüfung besuchten konnte.

Nach bestandener Lehrlingsprüfung  war ich auf Hof Götzenberg bei  Ratingen, Haus Kirchberg bei Jülich und auf Hof Oppelshausen in Oberhessen tätig, und anschließend besuchte ich einen Landmaschinenlehrgang in der Deula-Schule Witzenhausen. Vor meinem Eintritt  in die Höhere Landbauschule Michelstadt von 1959 bis 196o arbeitete ich in der  Hemma´schen Großgärtnerei Nieder-Erlenbach bei Friedberg. Mit dem Abschluß „Staatlich geprüfter Landwirt“ begann ich mein Studium auf  dem Pädagogischen Institut in Weilburg 196o, das ich 1963 mit der ersten Lehrerprüfung verließ.

Meine erste Lehrerstelle trat ich an der hiesigen Schule an, wodurch diese dreiklassig wurde.

Frankenbach im Mai 1964 – gez. Werner Zimmermann

Seite 127  : Lehrerin Heike Seibold

Ich, Heike Seibold, geb. Rump, wurde am 1o. Februar 194o als einziges Kind des Monteurs Friedrich Rump und seiner Ehefrau, der Lehrerin Hedwig Rump, geb. Ruccius, in Hamburg geboren. Wegen der Bombenangriffe auf Hamburg während des 2. Weltkrieges war ich zweimal für längere Zeit mit meiner Großmutter von meinen Eltern fort, die im Juli 1943 in Hamburg total ausgebombt  und evakuiert wurden. Erst Ende März 1944 konnten wir alle wieder nach Hamburg zurückkehren.

Von Ostern 1946 bis November 1951 besuchte ich dann die Volksschule zu Hamburg-Neuenfelde und bestand dort im 6. Volksschuljahr die Aufnahmeprüfung fürs Gymnasium. Im November 1951 zogen wir nach Hamburg-Sasel, und ich war bis zum Wechsel zur Oberschule noch ein halbes Jahr lang in der dortigen Volksschule.

Ab Ostern 1952 besuchte ich das Gymnasium in Hamburg-Poppenbüttel und verließ es nach Abschluß der Obersekunda, Ostern 1957. Ich trat anschließend in die FI der der Frauenfachschule Hamburg-Altona ein.

Ostern 1961 konnte ich meine Ausbildung erfolgreich mit der Abschlussprüfung der F III

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beenden. Das Abschlusszeugnis der FIII berechtigt zum Studium an einem Berufspädagogischen oder an einem Pädagogischen Institut. Ich entschloss mich, Volksschullehrerin zu werden und begann im SS 1961 mein Studium an der Hochschule für Erziehung in Gießen.

Im SS 1963 habe ich geheiratet.  Mein Mann studiert an der Universität zu Gießen Biologie und Physik. Wir erwarteten im Winter 1963 ein Kind, und so ließ ich mich für das WS 1963/64 beurlauben.

Im Mai 1964 setzte ich mein Studium in Gießen fort und meldete mich am 3. August 1964  zur Prüfung für das Lehramt an Volks- und Realschulen. Am 18. Dezember 1964 bestand ich die Erste  Staatsprüfung. Ich entschloß mich, erst ab Ostern 1965 in den Schuldienst zu gehen, um mich unserer Tochter Frauke zunächst widmen zu können. Sie war während der Examenszeit gar nicht bei uns gewesen.

So begann  ich am 3. Mai 1965  meine Lehrertätigkeit hier in Frankenbach. Wahrscheinlich werde ich nach  den Sommerferien an einen anderen Ort versetzt werden. Es täte mir leid; denn obwohl Kind der Großstadt, habe ich mich hier sehr wohl gefühlt.

Frankenbach, 7.7.65  gez. Heike Seibold

Seite  129: Lehrer Peter Zimmermann

Nach Abschluß der 1. Staatsprüfung für das Lehramt an Volks- und Realschulen am 26.7. 1965 wurde Frankenbach meine 1. Lehrerstelle.

Trotz einer nominellen 2/3 Mehrheit, die mein Bruder Werner und ich im Lehrkörper innehatten, gestaltete sich die Zusammenarbeit  mit Herrn Schulleiter Löw ausgesprochen freundschaftlich und kollegial.

Die Stätte selbsterfahrener Unterweisungen liegt weitab von Frankenbach.

Als Sohn des Dipl. Landwirts Dr. Karl  Zimmermann  und seiner Ehefrau Liselott, geb. Unruh, wurde ich am 5. November 1933 in Warkstorf(Mecklenburg) geboren.

Auf dem 135o Morgen großen Gut meines Vaters verlebte ich mit 6 Geschwistern eine unbeschwerte Kindheit, auf die lediglich die Endphase des 2. Weltkrieges ihre Schatten warf:

Als Sextaner des Humanistischen Gymnasiums in Wismar erlebte ich die Evakuierung meiner Klasse in das KLV-Lager Hasenwinkel bei Warin. Für Monate wurde hier die häusliche Nestwärme mit exaktem Bettenbau, Spindappellen, Küchen- und Stubendienst sowie Geländespielen  bei gelegentlichem Wochenendurlaub vertauscht. Auch Einsätze  zur Unkrautbekämpfung oder Heilkräutersammlung, Prügelstrafen mit dem Schulterriemen unserer Jungvolk-Uniform oder das Einsammeln von Feindflugzeugen abgeworfener Objekte begleiteten den schulischen Alltag. Heimweh und andere „Produkte“ einer eisernen Zucht

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wurden einem „Donnerbalken“ im nahen Wald überantwortet.

Bedingt durch die auch in Mecklenburg durchgeführte Bodenreform, vor allem aber auf Grund zahlreicher unzumutbarer und unerträglicher Vorkommnisse unter der russischen Besatzung verließen wir Ende 1945 unsere Heimat.

In Weilburg/Lahn wurde ich im gleichen Jahr in die Sexta des dortigen Realgymnasiums eingeschult und  machte im Frühjahr 1954 mein Abitur.

Vorwiegend finanzielle Gründe ließen ein sofortiges Studium nicht zu.

Sechs Jahre lang war ich in Industrie und Bankgewerbe tätig, legte 1957 meine Kaufmannsgehilfenprüfung  ab und besuchte die Berlitz-Schule in Frankfurt/Main.

Zwei Semester Wirtschaftswissenschaften an der Goethe-Universität dortselbst und drei Semester Philologie an der Universität Marburg bildeten teils den theoretischen Abschluß jener Zeit, teils waren sie eine wertvolle Wissens- und Bildungsbereicherung, die sich im Verein mit der praktischen Tätigkeit im Wirtschaftsleben während meiner jetzigen Volksschullehrerpraxis schon oft bezahlt gemacht haben.

Frankenbach, den 6. 6. 66 – gez. Peter Zimmermann

Seite  131 – Lehrer Horst Brück(Erda)

Mein Geburtsort ist das Nachbardorf Erda, das ebenso wie Frankenbach auch heute noch durch den kleinbäuerlichen Familienbetrieb sein Gesicht erhält.  Soweit ich sehe, waren alle meine Vorfahren Bauern, und die Entwicklung meiner Familie ist auch insofern typisch, als meine Großväter schon einen Teil ihres Einkommens aus Industriearbeit bezogen und mein Vater, der noch ein wenig Bauernland besitzt, seit zwei Jahren keine Landwirtschaft mehr betreibt.

Er ist Schreinermeister in einer Giessener Baufirma.

Als ich am 14. Februar 194o zur Welt kam, begann eine Entwicklung, die sich bis zu meinem 2o. Lebensjahr durch nichts von den vorgezeichneten Bahnen entfernte. Nach der achtjährigen Volksschulzeit in Erda trat ich in eine Schriftsetzerlehre, die ich 1958 abschloß und in zweijähriger Berufstätigkeit fortsetzte. In dieser Zeit kam mir erst-

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malig die Tatsache in den Sinn, dass  nun mein Leben sich anschickte, in vorgegebenen Bahnen  sich unausweichlich abzuspulen. Da mir außerdem mein Beruf keineswegs genügte, unternahm ich den – wie mir damals schien – ungeheuerlichen Versuch, mit Hilfe des Giessener Abendgymnasiums  das Abitur zu erwerben.

Nach drei Jahren bestand ich die Externenprüfung und ließ mich sofort an der Giessener Hochschule  für Erziehung an der Justus-Liebig-Universität immatrikulieren. Im Sommer 1966 gelang mir dann eine recht gute erste Staatsprüfung. Voraussetzung für diesen Lebensabschnitt war mein erster Beruf, der es mir ermöglichte, mein Studium – abgesehen von einem kleinen Stipendium – selbst zu finanzieren. Meine erste Stelle in Frankenbach hat selbstverständlich alle Mängel einer kleinen Landschule, die vor der Auflösung steht, aber die sehr angenehme Zusammenarbeit mit dem Schulleiter, Herrn Löw, bedingt meine Zufriedenheit.

Frankenbach, im Sommer 1967  – gez. Horst Brück

SEITE  133  : Lehrer H.D. Levin

Nur ein kurzes „Gastspiel“  führte mich nach Frankenbach. Von März  bis Juli 1967 war ich zur Vertretung abgeordnet. Ich kam aus der Hitze Brasiliens und fror  in Frankenbach erbärmlich.

Aus meinem Leben: Geboren 1926 in Halle/Saale – 1945 Zwangsevakuierung mit den Wissenschaftlern des Chem. Inst. der Universität nach Westdeutschland – ab 1946 Schulhelfer im Odenwald – Ausbildung zum Volksschullehrer in Frankfurt- 195o-53 Volksschule Ernsthausen/Kr. Oberlahn – 1953-58 Realschulzug in Weilmünster – Realschullehrerprüfung- daneben 4 Jahre Assistententätigkeit am Päd. Inst. Weilburg- 1958 – 1963 Deutsche Schule Tennar(Chile) -1963/64 Geschw. Scholl-Schule Wetzlar – 1964/67 Deutsche Schule Valparaiso(Chile) – Reisen durch  Nord- und Südamerika.

Die 8 Jahre an  der Auslandsschule waren  unbeschreiblich schön.

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Die Monate in Frankenbach brachten mich wieder auf den Boden  der bundesrepublikanischen Tatsachen zurück.

Die gute Zusammenarbeit und das herzliche menschliche  Verhältnis mit  meinen beiden  Kollegen möchte ich  hier besonders herausstellen.

Juli  1967                              gez. H.D. Levin

ENDE DER  CHRONIK  DER  SCHULE  ZU   FRANKENBACH   1648 – 1967

Erwähnte Lehrer ab 1648 (Beginn mit Johannes Thiel)- „Die ältesten Lehrer Frankenbachs“